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TRI-STATE

TheRmIsche SicherheitskonzepTe für BATteriesystemE

Im Mai 2023 fand das Abschlussmeeting unseres FFG Projektes TRI-STATE in Graz statt. An dem Projekt wurde 33 Monate lang mit den Partnern Magna, Kreisel und Austrian Institute of Technology an der Entwicklung eines kombinierten multiphysikalischen Simulationsmodells gearbeitet, um die thermische Sicherheit in Fahrzeugen zu bewerten. VIRTUAL VEHICLE übernahm dabei die Projektkoordination.

 

Neben der Frage des Zeit- und Kostendrucks bei der Entwicklung von batterieelektrischen Fahrzeugen gewinnt das Thema Batteriesicherheit zunehmend an Bedeutung. Da die EVS-GTR und die gesetzlichen Anforderungen für Hochvolt-Batteriesysteme noch abgestimmt werden, wird die Beherrschung eines thermischen Durchgehens bei der Entwicklung von Batteriesystemen immer wichtiger.

 

Diese steigenden Sicherheitsanforderungen sollen im Entwicklungsprozess kosten- und zeitsparend berücksichtigt werden. Dies stellt eine große Herausforderung für die Industrie dar. Es müssen daher neue Methoden gesucht werden, die eine ganzheitliche, multidisziplinäre Bewertung der thermischen Sicherheit ermöglichen, die bisher im virtuellen Entwicklungsprozess fehlt.

 

Um diese Lücke zu schließen, wurde ein völlig neues kombiniertes multiphysikalisches Simulationsmodell in TRI-STATE entwickelt, das in der Lage ist, multidisziplinäre Sicherheitsszenarien zu bewerten.

Das kombinierte multiphysikalische Simulationsmodell verbindet die drei Teilbereiche, Crash, Thermal Management und Thermal Runaway.

 

Crash

Kommt es zum Crash und wird dabei das Fahrzeug beschädigt, kann es im Zuge dessen auch zur Deformation der Batteriezelle kommen. Um einer Überhitzung oder sogar einem Brand entgegenzuwirken, muss der Hotspot ausfindig gemacht werden.

 

Um Kurzschlüsse besser und schneller prognostizieren zu können, befasst sich Patrick Kolm (VIRTUAL VEHICLE) in seiner Dissertation, für welche er den Hans List Fonds erhielt, mit der simulationsbasierten Kurzschlussvorhersage von Li-Ionen-Zellen aufgrund mechanischer Crash-Belastungen. Dabei beschäftigt er sich mit der Weiterentwicklung von Zellsimulationsmodellen für eine verbesserte Vorhersage der mechanisch induzierten Kurzschlüsse.

 

 

 

Hans List Fund Group Picture

 

Li-Ionen Zellen sind aufgrund des hohen Wirkungsgrades beim Laden und Entladen sowie der geringen Selbstentladung die führende Batterietechnologie im Bereich der Elektromobilität. Um die Crashsicherheit der Batterie bewerten und Kurzschlussprognosen darstellen zu können, muss eine realitätsgetreue mechanische Finite-Elemente (FE-) Simulation eingesetzt werden. Bei der FE-Simulation werden Verformungen und Spannungen in der Zelle unter Krafteinfluss simuliert und berechnet. Dabei wird eine komplexe Struktur in viele kleine Teilbereiche zerlegt.

Das Dissertationsprojekt zielt darauf ab, verbesserte Submodelle zu entwickeln, um Kurzschlüsse in Batterien genauer vorhersagen zu können. Material- und Zellversuche werden durchgeführt, um Eingangsparameter für das verbesserte Simulationsmodell zu generieren.

In der nachstehenden Abbildung wird eine 3-Punkt-Biegung Simulation einer Pouch Zelle dargestellt, wobei die Biegesteifigkeit der Zelle untersucht wird.

 

 

 

 

 

Bei der Crash-Simulation werden zwei Modelle angewendet:
Die folgende Abbildung zeigt ein makromechanisches Simulationsmodell einer Pouch Zelle, wobei im Detailbild der mesomechanische Simulationsansatz dargestellt wird.
Hier ist jede Zellschicht separat modelliert, aber in sich homogen. Dies erlaubt eine Kurzschlussprognose der einzelnen Komponentenschichten. Das makromechanische Modell wird nicht in einzelnen Komponenten aufgeteilt, sondern werden zusammengefasst und als Gesamteigenschaft angesehen.

 

 

 

 

Die Crashsimulationen werden vorab durchgeführt und die Ergebnisse der Crashsimulationen an das direkt gekoppelte Thermal Management und Thermal Runaway Simulationsmodell übergeben.

 

 

Thermal Management

 

 

 

 

 

Thermal Management und Thermal Runaway

 

Um übermäßige Wärmeerzeugung zu verhindern bzw. kontrollieren zu können, ist ein Thermal Management erforderlich. Wenn die Batterie nicht mehr effektiv gekühlt werden kann, kann dies zur Überhitzung führen. Das wiederum führt zu einer Verkürzung der Lebensdauer oder sogar zum Totalausfall.

 

Um die Batterie zu kühlen gibt es je nach Batteriezelle verschiedene Kühlarten:

 

  • Zylindrische Zelle mit direkter Kühlung: die Zellen werden komplett von Kühlflüssigkeit ummantelt
  • Pouch Zellen mit indirekter Kühlung: die Batteriezellen stehen nicht in direktem Kontakt mit der Kühlflüssigkeit

 

 

Werden die Batteriezellen aufgrund des entstandenen Schadens nicht mehr gekühlt und eine Überhitzung nicht rechtzeitig erkannt, kann dies zum unkontrollierbaren Temperaturanstieg und schlussendlich zum Brand bzw. zur Explosion führen.
Das kombinierte multiphysikalische Simulationsmodell wurde verwendet, um verschiedene thermische Sicherheitsszenarien mit und ohne Crash-Einwirkung für zwei Anwendungsfälle zu simulieren, was bisher nicht möglich war. Die beiden Anwendungsfälle waren ein Batteriemodul mit zylindrischen Zellen mit direkter Kühlung und ein Batteriemodul mit Pouch-Zellen mit indirekter Kühlung. Die Simulationsergebnisse wurden zur Erstellung neuer thermischer Sicherheitskonzepte verwendet und gaben neue Einblicke in multidisziplinäre Batteriefehlerszenarien.

 

Die Ergebnisse aus TRI-STATE fließen direkt in Folgeaktivitäten zu den laufenden FFG Projekten PREVENT+ und MORE+ ein.
Durch die erzielten Ergebnisse können zukünftig die Kosten für Testszenarien im Fehlerfall durch ein früher bewertbares und ganzheitliches Sicherheitskonzept merklich gesenkt werden. Für Systemneuentwicklungen wird ein Zeitersparnis von bis zu sechs Wochen erreicht, was einen, in Verbindung mit der Kostensenkung, enormen Wettbewerbsvorteil für die österreichische Industrie mit sich bringt.

 

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